Neue Standards beim Wohnmobilreisen
Wer heute Freizeit-Messen oder die Ausstellungräume großer Reisemobilhändler besucht, kommt oft aus dem Staunen nicht mehr heraus. Unweigerlich drängt sich einem der Werbeslogan eines großen schwedischen Möbelhauses auf: „Campst du noch oder wohnst du schon?“
Was dem unbedarften Besucher dort in zum Teil zügelloser Pracht entgegenblinkt, erinnert gelegentlich eher an ein luxuriös ausgestattetes Eigenheim denn an ein Gefährt für einen Stell- oder Campingplatz.
Vom Discounter-Wohnmobil mit durchschnittlicher Standard-Ausstattung bis hinauf zum 12-Meter Liner mit Whirlpool auf dem Dach und dem Sportwagen unterflur zwischen den Achsen (womit wir ziemlich am oberen Ende der Fahnenstange angekommen wären) gibt es kaum etwas, was man, entsprechendes Budget vorausgesetzt, nicht erwerben könnte. Womit wir bei einer grundsätzlichen Frage wären:
Wo hört Standard auf, wo fängt Luxus im Wohnmobil an?
Wagen wir uns vor diesem Hintergrund einmal an den Versuch, Luxus von Standard zu trennen. Hilfreich ist hier sicherlich, wenn man sich einmal die ganze Bandbreite der angebotenen Serien-Freizeitfahrzeuge ansieht. Wir gehen davon aus, dass das, was heutzutage in fast jedem Reisemobil ohne besondere Aufpreise zu finden ist, durchaus als Standard angesehen werden darf.
Hier sind fest eingebaute Küchen, Bäder und Waschräume mit ausreichenden Duschmöglichkeiten, komfortable Wohn-/Essplätze und ordentliche Betten wohl zunächst einmal als "normale Ausstattung" zu betrachten. Ein kleiner Rundgang über einen Campingplatz bringt weitere Standards ans Licht – kaum ein Wohnmobil ohne Markise, ohne Satelliten-Schüssel auf dem Dach oder ohne Fahrradträger am Heck (es sei denn, die Fahrräder verweilen in der Heckgarage). Ein Blick in normale Innenräume führt uns weiter: Ein einfaches Autoradio ist kaum noch anzutreffen, meist sind es bereits serienmäßige Multimediamaschinen, nicht selten mit Rückfahrkamera und Navigationsmöglichkeiten.
Das Gefrierfach, der 2- oder 3-Flammenherd in Heimküchenqualität der Camping-Küche, der Flachbild-Fernseher, die LED (Ambiente-)Beleuchtung, die elektrische Trittstufe, Fliegengitter an Türen und Fenstern oder die Plissee Fahrerhausverdunklung – wir denken, das kann man inzwischen kaum noch als Luxus bezeichnen, gehören solche Dinge doch oft schon zum Lieferumfang der normalen Grundausstattung. Immer mehr Luxusmobile stocken auch mit Home-Office-Möglichkeiten im Fahrzeug auf, was eine Workation aud dem Campingplatz problemlos möglich macht.
Grundausstattung oder Luxus-Paket?
Deutlich interessanter wird es, wenn man sich beispielsweise die Zusatzpakete der Wohnmobil-Hersteller anschaut. Die kommen mit so phantasiereichen Namen wie „Komfort-Paket“, „Multimedia-Paket“, „Licht-Paket“, „VIP-Plus-Paket“ und allerlei weiteren Bezeichnungen aus den Werbeabteilungen der Anbieter daher. Solar-Anlage, Wechselrichter, Klimaanlage Außendusche, Markisenbeleuchtung, Raumbad Backofen, Kaffeemaschine, Toaster.
Du merkst, hier fängt ein Graubereich an, der für die einen völlig normal, für die anderen aber möglicherweise schon total überzogen ist. Wenig Raum für Diskussionen ob es sich um Luxus im Wohnmobil handelt, bieten meterbreite Slide-Outs, Badausstattungen in echtem Marmor oder der (Klein-)wagen im Fahrzeugheck. Wer so etwas nicht für Luxus hält, bewegt sich wohl auch sonst in Sphären, die Otto-Normalverdiener wohl nie von innen kennenlernen wird.
Darfs ein wenig mehr sein?
„Bloß kein unnötiger Schnickschnack“, tönt es aus der einen Ecke. „Warum soll ich gerade im Urlaub auf ein paar nette Annehmlichkeiten verzichten“, hört man von der gegenüberliegenden Seite. Je nach Betrachtungsweise haben beide Meinungen durchaus ihre Berechtigung.
Ob man Fan ist oder nicht, interessant ist das auf alle Fälle: Schauen wir uns doch einmal ein paar Dinge an, die gemeinhin durchaus verzichtbar wären, aber das Reisen im fahrbaren Apartment dennoch deutlich angenehmer, sorgenfreier oder einfach unterhaltsamer gestalten können:
- die punktelastisch unterlegte 7-Zonen-Matratze für Langschläfer
- die formidable Musikanlage für den HiFi-Enthusiasten
- ein Backofen oder eine Mikrowelle für mobile Gourmets
- ein Multimedia-Player für gemütliche Filmabende
- eine wohlige Warmwasser-Heizung fürs Après-Ski
- das üppig dimensionierte Raumbad für Wellness-Enthusiasten
- die komplette Vernetzung des Wohnmobils für Technik-Freaks
- das gro.zügig gestaltete Vorzelt für Allwetter-Camper
- das elektrische Hubbett für mitreisende Kinder oder Enkel
- der Gasgrill für einen zünftigen „Feuerabend“
- eine Luftfederung für ein komfortables Fahrerlebnis
- das große Notebook mit Satelliten-Zugang für die Freunde der Online-Welt
- und, und, und…
Macht das alles wirklich Sinn?
Hier gelangen wir zur Kern-, aber auch zu einer Glaubensfrage. Braucht man sowas wirklich? Ist das nicht überflüssiger Firlefanz, der den ursprünglichen Camping-Gedanken ad absurdum führt? Liegt nicht auch oder gerade im gemäßigten Verzicht der besondere Reiz beim Verreisen mit dem Wohnmobil? Verstellen üppige Luxus-Ausstattungen nicht den ungetrübten Blick auf Natur, Abenteuer und Freiheit?
Wir würden sagen: ein klares „Vielleicht“! Auf unseren Reisen haben wir die unterschiedlichsten Mobil-Reisenden getroffen. Vom knorrigen Alt-Hippie bis zum fast schon elitären Großverdiener waren einige „WoMo-Typen“ dabei. Und, was sollen wir sagen: Ja, einige Ansichten und Meinungen waren mit unserer Einstellung zum Luxus beim mobilen Reisen so gar nicht kompatibel. Bei anderen spürte man nach kurzer Zeit eine „gleiche Chemie“. Einlassungen über ein wenig Glamour beim Campen haben wir reichlich, mal kopfschüttelnd, mal zustimmend, vernommen. Und wir haben etwas gelernt: am angenehmsten waren immer die Gespräche, bei denen man spürte, dass es nicht von der Frage „Luxus, ja oder nein“ abhing, ob man einen angenehmen gemeinsamen Abend bei einem guten Glas Wein oder einem Kartenspiel vor dem Wohnmobil verbringen konnte. Wo man trotz Unterschieden Gleicher unter Gleichen sein konnte und jeder dem anderen sein bisschen Luxus gegönnt hat oder auch - ohne Zeigefinger - eine ganz andere, einfachere Camping-Philosophie vertrat.
Reisegenuss nach eigenen Maßstäben
Jeder Mensch, mithin also auch jeder Camper bzw. Wohnmobil-Reisende, hat ganz individuell seine eigenen Vorstellungen davon, was er als Luxus betrachtet oder eben auch nicht. Viele der angebotenen Sonder- oder Zusatzausstattungen oder auch Zubehör-Artikel für Reisemobile haben durchaus ihre Berechtigung – für den einen mehr, für den anderen weniger. Unser Rat: Lass dich nicht von Urteilen oder Meinungen anderer kirre machen. Wer meint, dass dieses oder jenes euren Wohnmobil-Urlaub erleichtern oder verschönern kann, sicherer oder angenehmer macht, mehr Spaß oder Unterhaltung in den Reisealltag bringt oder einfach nur „nice to have“ ist, dann schaut eher auf euer Budget und auf eure Zuladungskapazitäten (ok, hier bricht wieder unser Pragmatismus durch) als auf den vielleicht naserümpfenden Stellplatznachbarn. Maß der Dinge sollte sein, was euch Freude macht oder nützlich für eure ganz eigenen Bedürfnisse ist – nicht mehr und nicht weniger.
Individualität – auch oder gerade beim Thema Wohnmobil-Luxus
Die bunten Werbekampagnen der Reisemobil-Industrie malen uns immer wieder mit den schönsten Bildern die Freiheit und Unabhängigkeit des Reisens mit dem Wohnmobil vor Augen. „Altgediente“ Wohnmobil-Veteranen wissen, dass der freie, einsame und kostenlose Übernachtungsplatz direkt am Meer mit malerischem Sonnenuntergang eher die Ausnahme als die Regel ist (obwohl man die auch heute noch finden kann). Aber gerade dann sollte es jedem vergönnt sein, zumindest sein fahrbares Domizil ganz nach den eigenen Bedürfnissen zu gestalten und, ja, sich auch mal ein wenig Luxus zu gönnen, den man im grauen Alltag doch so oft vermisst. „Reisemobil-Urlaub ist Individual-Urlaub“, heißt es – diese Maxime erreicht man eben nicht nur mit außergewöhnlichen Stellplätzen oder exotischen Reisezielen, nein, auch ein individuelles Wohnmobil, ausgestaltet mit den ganz besonderen Glanzpunkten, die das Wohnmobil-Erlebnis deutlich vom Alltags-Einerlei abheben, sind nicht nur erlaubt – Ihr solltet den kleinen Luxus in vollen Zügen ausschöpfen und genießen, ganz gleich, was andere dazu sagen.
Den Asketen und Minimalisten unter den Wohnmobil-Reisenden sei empfohlen: macht eure eigene Ansicht zum vierrädrigen Individualreisen nicht zum Maß aller Dinge und lass dich gerne mal auf ein Gespräch mit Andersdenkenden / Andersreisenden ein. Gleiches sollte auch für Luxus-Camper gelten – auf dem Stell- oder Campingplatz darf der Alltags-Status bitte keine Rolle spielen. „Camper helfen Campern“, so haben wir es vor Jahrzehnten gelernt. Es wäre schön, wenn diese gute alte Tradition sich in die Gegenwart retten ließe – Luxus hin oder her.
In diesem Sinne wünschen wir dir „luxuriöse“ Reiseerlebnisse und immer einen ruhigen Stellplatz für die Nacht. Ob Luxus oder ruhig … eins bleibt gleich: Auf camping.info findest du für dich passenden Campingplatz! ;-)