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HVO 100: Campingreisen jetzt noch nachhaltiger

Im Vergleich zu Hotel- und Flugreisen gilt Camping grundsätzlich als eine ressourcenarme Reiseform. Insbesondere die CO2-Emissionen auf dem Campingplatz sind weitaus geringer als bei der Übernachtung in anderen Beherbergungsformen. Fakt ist dennoch, dass Reisemobile und Pkw-Caravan-Kombis wegen ihrer Größe und Masse viele Treibhausgase bei der An- und Abreise emittieren – doch genau in diesem Punkt gibt es ab April eine wesentliche Änderung, die Campingreisen noch nachhaltiger macht.

Mit Verabschiedung des 10. Bundes-Immissionsschutzverordnung kannst du HVO 100 - einen fast 100 % klimaneutralen Biodiesel - jetzt offiziell an deutschen Zapfsäulen tanken. Die neue Spritsorte besteht aus alten Pflanzenölen und sorgt für eine bessere Klimabilanz.

Ein großer, weitere Schritt für umweltfreundliche Campingreisen: Legst du zum Beispiel bei deiner Italien-Reise mit einem VW California eine 900 Kilometer lange Strecke von Frankfurt am Main nach Venedig zurück, so liegt der CO₂-Ausstoß bei einer Betankung mit konventionellem Diesel bei circa 200 kg CO₂. Für die selbe Strecke HVO-Diesel reduzieren sich die Emissionen auf ein Zehntel – nur circa 20 kg CO₂ werden ausgestoßen (Die Zahlen beruhen auf Verbraucherdaten der Hersteller).

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Was ist HVO?

HVO steht für "Hydrotreated Vegetable Oil" (hydriertes Pflanzenöl). Damit gemeint sind Kraftstoffe aus pflanzlichen Fettabfällen, wie z.B. Speiseöl, Frittenfett oder Salatöl. HVO kann entweder “rein” oder als “Beimischung” genutzt werden. Bei letzter Variante wird der fossile Diesel gestreckt – auch bekannt als zum Beispiel Klimadiesel 25. Paraffinische Dieselkraftstoffe können schon länger fossilem Diesel beigemischt werden. Künftig dürfen sie auch in 100-prozentiger Konzentration angeboten werden.

Bereits in der Vergangenheit haben Sparfüchse Frittenfett in ihr Dieselauto gekippt, was als Nicht-Betankung an offiziellen Tankstellen Steuerhinterziehung bedeutete.

Tankstellen rüsten auf: HVO 100

Viele Tankstellen sind schon jetzt in den Vorbereitungen und möchten die neue Sorte an die Säulen bringen. Auf den Internetseiten von Aral und Shell ist bereits davon zu lesen.

Tankstellenbetreiber können selbst entscheiden, ob sie diese anbieten möchten oder nicht. Falls ja, muss das deutlich gekennzeichnet sein. An den Säulen findest du dann den Namen der Dieselsorte, also „Diesel B10“. Das „B“ steht für die einzelnen Biodieselkomponenten im Kraftstoff. Für HVO wird an Zapfsäulen „Paraffinischer Diesel“ zu lesen sein.

Was wird HVO in Deutschland kosten?

Die Kosten für einen Liter HVO 100 sind bisher nicht genau absehbar. An Tankstellen in Österreich ist der Biodiesel schon länger verfügbar und wird mit 20 Cent Aufpreis zum konventionellen Diesel verkauft. In den Niederlanden, wo eine Betankung der neuen Sprit-Sorte schon an etwa 150 Tankstellen möglich ist, muss mit einem Aufpreis von 15 bis 30 Cent pro Liter gerechnet werden. Schaut man sich die Herstellung an, so liegt der Literpreis von HVO 100 im Vergleich zu mineralischem Diesel rund 15 Cent Euro darüber. 

Die Energieeffizienz und Energiedichte ist bei HVO etwas niedriger als bei fossilem Diesel, weshalb mit einem geringfügigen Mehrverbrauch von 0,5 bis 2 Prozent zu rechnen ist.

Die gute Nachricht für den Geldbeutel: Gleichzeitig setzen sich Verbände dafür ein, dass die Energiesteuer bei CO2-armen Kraftstoffen niedriger ausfällt. 

Was sollten Camper beim Tanken von HVO beachten?

Bevor du den neuen Biodiesel testest, wirf einen Blick auf die Hinterseite des Tankdeckels. Wenn sich hier ein kleines Viereck mit den drei Buchstaben "XTL" (X to Liquid) befindet, dann kannst du bedenkenlos HVO tanken. Bei älteren Fahrzeugen solltest du genauer schauen, ob Leitungen, Schläuche und Gummi-Dichtungen technisch einwandfrei sind. Zu beachten ist, dass der Öko-Kraftstoff die Standard-Norm EN 590 nicht erfüllt, sondern nur die DIN EN 15940. HVO ist also nicht für alle Diesel-Modelle geeignet. 

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Was macht HVO im Motor?

Der neue Öko-Diesel enthält keine Nebenprodukte, besteht nicht aus Aromaten und riecht daher nicht. Zudem beträgt die Cetanzahl von Biodiesel 74 und die vom konventionellen Mineralöldiesel nur 54, was sich positiv auf das Verbrennungsverhalten im Motor auswirkt.

Egal ob bei älterem VW Bulli oder einem modernen Wohnmobil – mit dem HVO fallen rund 30 Prozent weniger Stickoxide und Feinstaub an. Das ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern mindert auch den Verschleiß deines Camping-Fahrzeuges.

Ein weiterer, wichtiger und durchaus positiver Punkt des HVO-Kraftstoffs: Wenn du dein Fahrzeug nur selten für Urlaube nutzt und es z.B. im Winter nicht viel bewegt wird, kann das Kraftstoffsystem verschmutzen (auch bekannt als “Dieselpest”). Insbesondere für Saisoncamper bringt die neue Spritsorte also einen großen Vorteil mit sich. 

Welche Automodelle können HVO tanken?

Wohnwagenfahrer sind auf der sicheren Seite, wenn sie einen Peugeot oder Citroën als Zugfahrzeug nutzen. Alle Modelle der Emissionsklassen Euro 5 und Euro 6 sind die Betankung mit HVO freigegeben. Das Gleiche gilt für Audi-Fahrer, die ein bis Februar 2022 hergestelltes Fahrzeug mit V6-Diesel bis 286 PS fahren. Auch können alle Vierzylinder seit Juni 2021 in den Baureihen A3, Q2 und Q3 mit dem Ökodiesel gefüttert werden. Ebenso hat BMW sämtliche Dieselmodelle, darunter auch ältere Baureihen, für HVO freigegeben.

VW erlaubt die Betankung aller Dieselautos ab Produktion Mitte 2021 mit dem neuen Ökodiesel. Ferner können sämtliche Touareg mit V6-Diesel zwischen 231 und 286 PS den neuen, sauberen Sprit tanken. Für Seat- und Skoda-Besitzer ist die Betankung aller Modelle mit der Motorenfamilie EA288 evo ab Produktion Mitte 2021 unbedenklich, genauso wie für den Vierzylinder-TDI von VW ab Juni 2021.

Keine Betankung ist für Fahrzeuge mit Motoren des GM-Konzerns, wie Chevrolet, Buick, GMC und Cadillac, möglich. Auch für Fiat-Fahrzeuge und damit viele Wohnmobile ist HVO noch nicht freigegeben.

Damit sind jetzt die Fahrzeughersteller gefragt, mehr Modelle auf den Markt zu bringen, die für die Verwendung des erneuerbaren Kraftstoffes geeignet sind. 

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Fazit: Was taugt Diesel aus Frittenfett?

Camping mit gutem Gewissen? YES! Wer will und das passende, für HVO freigegebene Fahrzeug besitzt, der kann seinen sowieso schon ressourcenschonenden Campingurlaub mit Betankung des Fahrzeugs von HVO jetzt noch nachhaltiger gestalten. Der aus Speiseöl gewonnene Kraftstoff ist in vielen Hinsichten positiver zu bewerten als die Betankung mit fossil gefördertem Sprit.

Kritiker stellen in Frage, ob alles anfallende Frittenfett überhaupt für über zehn Milionen Dieselfahrzeuge ausreicht, um sie langfristig zu betanken. Wenn als Folge dessen beispielsweise Palmöl genutzt würde, wäre das hinsichtlich einer besseren Klimabilanz kontraproduktiv. Den Bedarf kann der teurere Bio-Diesel in Reinform nicht decken, jedoch fällt die Klimabilanz bei der An- und Abreise deutlich besser aus.

Du bist auf der Suche nach umweltfreundlich orientierten Campingplätzen? Auf unserer Themenseite findest du die besten Plätze und Tipps für nachhaltiges Campen.